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31. Oktober 2019

Sechs Wochen sind seit meinem letzten Eintrag vergangen.

Ich habe gerade zweimal nachgerechnet: ja, es sind 6 Wochen.

In diesen 6 Wochen hat sich zwischen Linus und mir viel verändert – zum Positiven. Ich wage es kaum zu tippen…

Linus Gesicht in Großaufnahme, die Nase fast in der Kamera

Linus ist nun 11einhalb Monate alt. Nachwievor mitten in der Pubertät. Aaaaaber: es entwickelt sich etwas zwischen uns. Ein zartes Band, das sehr elastisch ist und innerhalb weniger Tage spürbar war.

Ich würde ja gerne konkret und chronologisch berichten, aber es geht nicht – ich kriege die Ereignisse nicht aufgereiht, wie Perlen an einer Kette. Ich kann nur sagen, dass ich im Laufe dieser 6 Wochen einen Hund habe, der wirklich und wahrhaft mit mir in Kontakt geht.

Es sind im wahrsten Sinne des Wortes Augenblicke: ein Blick seiner braunen, bewimperten Augen in meine Augen (schon lange kennt er das Signal „schau“, aber er hat es ein ganzes Stück verinnerlicht und braucht das Wortsignal kaum noch). Früher schaute er die Hand an, die wohl die Belohnungskekse reichen würde (direkter Blick in die Augen ist nur menschen- aber auf keinen Fall hundetypisch), nun sucht er meine Augen und taucht in sie hinein…

Die Spaziergänge sind keine durchgehenden Kämpfe mehr. Er läuft an der Führleine um mich herum, zieht meist nur zu Beginn der Wanderung und nach ein paar Richtungswechsel hat er seinen Rhythmus wieder gefunden. Immer wieder der Blick seiner Augen, als ob er fragen wollte, ob bei mir noch alles in Ordnung sei. (In Wirklichkeit hofft er natürlich auf einen Belohnungskeks, ich weiß…)

Schleppleine geht auf den Feldern auch wieder wie vor vielen Wochen eingeübt, nur im Wald traue ich mich noch nicht, sie einzusetzen.

Unsere Wanderungen sind nun zwischen 45 und 75 Minuten lang und ich kann dabei oft auch ein wenig entspannen.

Hundebegegnungen sind bei Linus nach wie vor mit viel Spannung verbunden, aber mit Markern, kurzer Leine und Ablenkung durchaus händelbarer.

Die Assistenzübungen klappen gut und werden nun auch bei den Spaziergängen – zumindest kurz – abrufbar. Vorgestern hat mich Linus sogar in einen großen Baumarkt begleitet!

Woher kommt nun diese Wandlung?

Tja, da kann ich nur mutmaßen. Ein Tag nach der ersten Einnahme der Bachblütenmischung war ich schon erstaunt, wie gelassen Linus ist – die Medikation könnte durchaus etwas mit seiner Wandlung zu tun haben!

Dann habe ich auf Anraten meiner Trainerin eine Korrektur aufgebaut. Bislang habe ich sie nur 4 mal angewendet, denn seitdem hält Linus ihm gesetzte Grenzen meist ein, sodass ich keine Korrektur mehr benötige.

Schließlich und endlich ist er älter geworden. Auch wenn die Pubertät noch lange kein Ende gefunden hat, so scheint die allerschwierigste Zeit vorüber zu sein – gelegentliche Ausfälle natürlich inbegriffen… 🙂

Ich möchte bei all der Lobhudelei nicht verschweigenL

Es gibt natürlich auch einiges, was anstrengend für uns beide ist. Sein Territorialverhalten ist erwacht und wenn unsere Türklingel geht, gerate nicht nur ich in Panik, sondern auch Linus bellt und bellt… Ich vermute, dass ich ihn mit meiner hochsteigenden Panik auch noch mit hochpusche.

Rückrufbarkeit ist noch ein gaaaanz dickes Thema – für uns beide. Ein so dickes Thema, dass ich darüber mal separat berichten sollte…

Linus Veränderung zum Positiven hin macht auch eine Menge mit mir. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich doch tatsächlich mit einem Museum TELEFONIERTE, um herauszufinden, ob mich Linus dorthinein begleiten darf, obwohl er ja noch in Ausbildung ist. Ich bin mit ihm in einen sehr großen Baumarkt gegangen und ich habe mit meinem Therapeuten überlegt, wie mir Linus in diesem Winter durch die Dunkelheit helfen könnte.

Und: meine PTBS-typische emotionale Verflachung wird von Linus ab und zu durchbrochen. Seine tapsige Lebensfreude, sein Entdeckergeist und sein Blick berühren mich.

Berühren. Mich.