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Braille  Figuren

Fühlen ✋ Tasten ? Be-greifen


Etwas oder jemanden berühren –

Wahrnehmung und Kommunikation

 

Für mich sind meine berührenden, tastenden, fühlenden Hände sehr wichtig – vielleicht auch aufgrund meines Berufes Braille

Die Bedeutung des Tastsinns für den Kontakt mit der Realität und die Bedeutung von körperlichen Berührungen sind existentiell. Er ist einer unserer ursprünglichsten Sinne.

Hände schaffen durch ihre Wahrnehmung eine unmittelbare, direkte Verbindung zur Umwelt, man kommt ihr dadurch sehr nahe. Hände sind jedoch auch ein Kommunikationsmittel, die aus der Ferne, also mit Distanz, eingesetzt werden können, wie folgende Fotoauswahl zeigt:

untitled v. AnnMay (CCBYNCND) by Flickr"Pray" v. HJSP82 (CCBYND) by Flickr"Piano Hands" v. makautomatik (CCBYNCND) by Flickr"painter's hand" v. Jeremy Fitzhardinge (CCBYNCND) by Flickr"mom's hands" v. danna curious tangles (CCBYNCND) by Flickr"In-your-hand" v. hiddencage (CCBYNCND) by Flickr.jpg"Lauralie" v. Louise Leclerc (CCBYNCND) by Flickr"Hands" v. Wesley Sze (CCBYNCND) by Flickr"hands" v. monogatari (CCBYNCND) by Flickr"hands" v. Kai Engel (CCBY) by Flickr"hands" v. Julie Francois (CCBYNCND) by Flickr"Hands" v. Jennifer (CCBYNCND) by Flickr"Hands" v. Ashley Webb (CCBY) by Flickr"Hands across the water" v. Son of Groucho (CCBY) by Flickr"Hand" v. tiffany terry (CCBY) by Flickr"Hand" v. Tesfox (CCBYSA) by Flickr"hand" v. tarinaphotography (CCBYNCND) by Flickr"hand" v. spazbot29 (CCBYSA) by Flickr"hand" v. jakub (CCBYSA) by Flickr

„Fühlen“, „Tasten“ und „Begreifen“ sind drei Begriffe, die das Berühren bzw. die Wahrnehmung dessen beschreiben. Der Unterschied liegt darin, dass durch die Wahl der jeweiligen Begrifflichkeit unterschiedliche Aspekte dieser Wahrnehmung in den Vordergrund gestellt werden.

  • Der Begriff „Fühlen“ bezeichnet i. d. R. die eher (motorisch) passive Wahrnehmung einer Berührung: „die Tasse fühlt sich warm an“. Weiterhin verwenden wir den Begriff des Fühlens auch im emotionalen Kontext: „Ich fühle mich heute nicht wohl“.
  • Der Begriff „Tasten“ wird häufig dann verwendet, wenn es sich um einen motorisch aktiven Vorgang handelt: „Der blinde Mensch betastet sorgfältig die Pflanze“. Hier geht es also schwerpunktmäßig um die sinnliche Erkundung der Umwelt.
  • Der Begriff „Begreifen“ bildet nun die Brücke zum kognitiven Wissen, dem – vor allem im Kindesalter – das sinnliche Be-greifen vorangeht.

Berührungen haben so viele Qualitäten, dass manche Fachbücher darüber geschrieben wurden. Berührungen werden von jedem Menschen individuell bewertet – die Berührung, die für den einen angenehm ist, wird von dem anderen u. U. als unangenehm bis hin zu angstauslösend empfunden. Eine Berührung kann entspannen, Trost spenden, Halt geben, sie kann aber auch Macht demonstrieren, Bedrohung und Gewalt bedeuten.

"Sleeping Baby" v. Azfar Ahmad (CCBYNCND) by Flickr
„Sleeping Baby“ v. Azfar Ahmad (CCBYNCND) by Flickr

Viele Berührungen sind durch gesellschaftliche Konventionen geregelt. Der bei uns übliche Handschlag zur Begrüßung, der hierzulande Respekt und erste Vertrauensbildung bezeichnet, wird beispielsweise in Japan als Eindringen in die Privatsphäre interpretiert. Die Begrüßung der Maori oder der Inuit, die die Nasen aneinanderreiben und sich im wahrsten Sinne des Wortes „beschnuppern“, ist in unseren Breiten wiederum ein grobes Überschreiten des persönlichen Raumes. Überhaupt sind körperliche Berührungen durch die gesellschaftlichen Normen stark reglementiert, da schnell sexuelle Motive unterstellt werden. Kinder gehen da noch völlig ungezwungen heran

"Nap Time" v. Cat Burton (CCBYNCND) by Flickr
„Nap Time“ v. Cat Burton (CCBYNCND) by Flickr

und für die Entwicklungspsychologen ist seit langem bewiesen, dass Körperkontakt für Säuglinge und Kinder überlebenswichtig ist. Im 13. Jahrhundert befahl Kaiser Friedrich II. ein grausames Experiment: Babys wurden gefüttert und gekleidet, aber es fand kein Körperkontakt statt. Der Überlieferung nach hat keines der Kinder überlebt… Der Verhaltensforscher Harlow führte in den 1960er Jahren ein ähnliches – ebenfalls ethisch umstrittenes – Experiment mit Rhesusäffchen durch: Eine Gruppe bekam ausreichend Milch, jedoch nur ein Drahtgestell als „Mutterersatz“, während die andere Gruppe ein Drahtgestell mit weichem Frotteeüberzug zum „Kuscheln“ erhielt. Die erste Gruppe entwickelte sich entscheidend schlechter und die Äffchen zeigten schnell Verhaltensauffälligkeiten…

"Sleep" v. Jorn Idzerda (CCBYNCND) by Flickr
„Sleep“ v. Jorn Idzerda (CCBYNCND) by Flickr

Der Begriff „Berührung“ wird jedoch nicht ausschließlich zur Beschreibung von körperlichem Kontakt verwendet, sondern auch im Kontext von emotionaler Berührung – einem geistigen oder emotionalen Kontakt, der hergestellt wird. Wir lassen uns von wunderschönen Situationen  (z. B. Landschaften) berühren, von Musik, von bewegenden Momenten in unserem Leben.

Aber auch in diesem Kontext bezeichnet „Berührung“ das Herstellen eines Kontaktes und Nähe – sei es auf körperlicher oder emotionaler Ebene; Berührung ist „leiblich“, wie die Phänomenologie beschreibt.


Wenn wir aktiv etwas oder jemanden berühren, so geschieht dies meistens mit der Hand. Durch ihren anatomischen und funktionellen Aufbau ist sie unser geschicktestes Körperteil, um berührend wahrzunehmen (andere Körperteile, wie bspw. Lippen sind noch tastempfindlicher, jedoch aufgrund des Aufbaus nicht so flexibel, um Dinge zu ertasten). Die Hand ist ein wichtiges Mittel zur sozialen Kommunikation, wie man an den Fotos am Seitenbeginn sehen kann. Eine ganz herausragende Rolle erhält sie in der Gebärdensprache:


In unserem Sprachgebrauch existieren viele Hand-Metaphern, Redewendungen oder Komposita, hier nur einige Beispiele:

  • etwas ist handfest
  • Hand drauf!
  • Hand aufs Herz
  • aus erster Hand
  • die Hand für etwas oder jemanden ins Feuer legen
  • Handhabbarkeit
  • das Zepter in die Hand nehmen
  • die Beine in die Hand nehmen
  • die Oberhand behalten
  • die Zügel in der Hand haben
  • mit eiserner Hand
  • er hält seine schützende Hand über ihn
  • das liegt doch auf der Hand
  • jemandem freie Hand lassen
  • unter der Hand

Alltagskreativität?

Wenn ich viel um die Ohren habe und innerlich unruhig bin, merke ich das meistens an meinen Händen – sie sind entweder nervös und zupfen und nesteln an allem, was mir zwischen die Finger kommt oder sie sind gegenteilig völlig erschlafft und passiv, jede Handbewegung ist mir zu viel.

Dann ist Zeit für Auszeit! ?

Meine Hände und ich flüchten dann – wie so oft – in die Alltagskreativität: Es wird gehäkelt, gestrickt, gebastelt, gewerkelt, gemalt, gestaltet… Vielleicht finden Sie ja auf der Unterseite  Figuren auch noch die ein oder andere Anregung für Ihre Hände – ich würde mich freuen!

Die Braille-Seite ist ein kleiner Überblick darüber, was geübte Hände/Finger alles so leisten können.

"07trip" v. LloydGallman (CCBYNCND) by Flickr
„07trip“ v. LloydGallman (CCBYNCND) by Flickr

Eine kleine Würdigung Ihrer und meiner Hände…