„Nimm die Leine lieber kürzer.“
“Jetzt besser nur in umzäunten Gebieten frei laufen lassen.“
“Lass ihn nicht so viel schnüffeln und markieren.“
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Begrenzungen. Grenzen. Einengung. Instrumentalisierung?
Von Anfang an musste ich die Erfahrung machen, dass ich Linus helfe, wenn ich ihn begrenze.
Es scheint so, dass die Welt für ihn allüberall so spannend ist, dass er gar nicht weiß, was er mit all seiner Lebenslust und mit den Verlockungen seiner Umwelt anfangen soll. Die Folge war und ist, dass er dann komplett reizüberflutet ist und das durch völlig überdrehtes Verhalten ausagiert.
Es hilft ihm offenbar, wenn seine Wahrnehmung eingeschränkt und auf mich fokussiert wird – zum Beispiel früher durch Auszeiten in der Box, während ich daneben saß oder auch heute noch durch Beschränkung auf einen, etwas kleineren Raum, natürlich auch, während ich mich im gleichen Raum aufhalte. So kann er entspannen.
Draußen geht es derzeit überhaupt nicht mit der Schleppleine. Zu viel Raum, zu viele Reize (Pipispuren, Mäuselöcher, Vögel, Eichhörnchen, Insekten, andere Hunde etc). Die Führleine lang einzustellen geht an manchen Tagen und an manchen Orten gut, jedoch oft auch nicht – Linus beginnt dann schnell zu „tillen“. Der Rat der Trainerin, ihn dann kurz zu nehmen und in der Mitte des Weges neben mir laufen zu lassen, hilft in der Tat.
Aber ich habe jedes Mal Magenschmerzen, Übelkeit: ich schränke meinen angehenden Teampartner in meinen Augen massiv ein! Ich fühle mich, als ob ich Gewalt ausübe. Ich selbst habe ebenfalls massive Begrenzungen ertragen müssen und das nun selbst zu tun, löst in mir einen Sturm aus.
Ich habe Wochen um Wochen gebraucht, um die Box einsetzen zu können und nutze sie auch nicht mehr. Gefängnis. Einsperren.
Bis heute kann ich Linus nicht im Haus an die Leine nehmen, z. B. wenn es an der Tür klingelt oder wenn er nicht zur Ruhe kommt und neben mir liegen soll. Fesseln. Ausgeliefert.
Begrenzungen
Eingrenzungen
Grenzen
Fesseln
Gefangen sein
Willkür ausgeliefert sein
Hilflosigkeit
keine Selbstwirksamkeit
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